Ein Projekt eines Kaninchenzüchters vom F 121 Wolfenbüttel u.U. e.V. in Zusammenarbeit mit einem Kindergarten in Salzgitter

Alle Kinder lieben Tiere.
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass bereits ab dem sechsten Lebensmonat Babys Tiere von Objekten unterscheiden können. Dinge, die sich eigenständig bewegen und ein Gesicht haben, ziehen bei unseren Kleinen besondere Aufmerksamkeit auf sich. Psychologen wissen, dass Kinder Tiere deshalb so sehr mögen, weil sie in allen Lebenslagen ideale Gesprächs- und Spielpartner in ihnen haben.

Tiere sind – im Gegensatz zu Eltern und Freunden – immer da, wenn man sie braucht. Man kann ihnen alles erzählen – und sie hören zu. Sie sagen nicht „ja aber“, sie zanken nicht herum, sie verbieten nichts. Und sie nehmen das Kind ernst. Mehr noch: Kennen sich Kind und Tier bereits länger, erziehen sie sich gegenseitig. Ein kleines Kaninchen, dass im Kinderzimmer herumtobt ist nicht nur unterhaltsam und witzig, sondern fordert das Kind auch auf, mit ihm zu kommunizieren – im Spiel und ohne Worte. Kinder lernen auf diese Weise von Tieren die Feinheiten wortlosen Verhaltens. Eine Beziehung zu seinem Haustier kann ein Kind nur aufbauen, wenn es Mimik, Gestik, Gebärden genau beobachtet, deutet und darauf reagiert. Und wer einmal gelernt hat, gründlich hinzuschauen, kann dies auch in der Menschenwelt gut gebrauchen. Die Tiere vermitteln und trainieren soziale Kompetenz, Kommunikationsverhalten und soziale Integrationsfähigkeit. Darüber hinaus leisten sie einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung und Darstellung von Gefühlen, zur Stabilisierung von Stimmungsschwankungen, aber auch zur Bewältigung von Konflikten, kritischen Lebensereignissen, Einsamkeit und in diesem Zusammenhang auch zum Abbau von Aggressionen. Es ist wissenschaftlich nicht mehr zu bestreiten, dass Heimtiere ebenso eine wesentliche Bedeutung als Co-Therapeuten bei kranken Kindern haben.

Das Kind als Patient empfängt Zuneigung, Zuspruch, Wärme, Trost und eine insgesamt positive Stimulierung, von der die Medizin weiß, dass sie nicht ohne positiven Einfluss auf einen baldigen Genesungsprozess ist. Ich konnte bereits viele intensive Erfahrungen mit autistischen Kindern, ADHS-Kindern und Kindern mit dem Down-Syndrom sammeln, die von mir ein Kaninchen als Haustier bekommen haben. Generell nimmt das Kaninchen das Kind als Spielkameraden so, wie es ist. Die oft – durch ihre Krankheit oder Behinderung – einsamen Kinder erleben so eine bedingunslose Liebe und Freundschaft, die durch nichts zu ersetzen ist. Erstaunlich ist es immer wieder zu betrachten, wie ein sonst sehr nervöses und unruhiges ADHS-Kind mit einem Kaninchen auf dem Arm völlig in sich gekehrt und ruhig diese Zweisamkeit genießen kann. Leider gibt es noch immer Familien, die der Anschaffung eines Kaninchens oder eines anderen Haustieres aus den unterschiedlichsten Gründen kritisch gegenüber stehen.

Deshalb wachsen noch immer Kinder ohne diese wunderbaren Erlebnisse mit Tieren auf und verlieren immer mehr den Bezug zur Natur. Mit dem Kindergarten „Der kleine Muck e.V.“ aus Salzgitter wurde deshalb ein Haustier-Projekt unter dem Thema „Unser Kindergarten bekommt Zuwachs!“ erarbeitet.

Vier Monate lang arbeiteten die 42 Kinder mit Ihren Betreuern an diesem Projekt. Es wurde unsere Kaninchenausstellung besucht. Einen Tag vor der eigentlichen Öffnung der Kaninchenschau führte ich die beiden Gruppen durch die Ausstellung und erzählte viel über die Haltung von Kaninchen. Die Kinder beschäftigten sich weiter mit Büchern zu diesem Thema und erstellten ein Plakat mit den Futtermitteln. Sie bastelten Kaninchenpässe und lernten Bewegungs- und Fingerspiele. Mit den Eltern wurde ein Konzept zur Wochenendfütterung und der Urlaubsphase erarbeitet. Mit den Erzieherinnen besprach ich die Auswahl der Kaninchen. Ein Stall wurde angeschafft und auf dem Kindergartengelände aufgebaut. Zum Ende des Projektes besuchte ich den Kindergarten und brachte die beiden langersehnten Kaninchen – Mümmel und Schneeflocke – ein Zwergscheckenweibchen und einen kastrierten Zwergwidderrammler mit. Die Kinder konnten noch einmal wichtige Fragen stellen und die Ankunft feiern. Ich war erstaunt, wie vernünftig sich die Kinder im Umgang mit den Tieren zeigten. Kein Lärm – keine hektischen Bewegungen und viele glückliche und aufgeregte Gesichter. Natürlich stehe ich auch weiterhin dem Kindergarten mit Rat und Tat zur Seite und unterstütze das Projekt nach meinen Möglichkeiten.

Ich halte das Engagement der Erzieherinnen, die den positiven Sinn in der Haustierhaltung schon lange erkannt haben, für nachahmenswert. So können auch Kinder, die kein Haustier zu Hause halten dürfen oder können, lernen, mit Tieren umzugehen und vor allem Verantwortung für sie zu übernehmen. Je selbstverständlicher Heimtiere wieder werden, desto natürlicher und selbstverständlicher erfüllen sie auch ihre Funktion in Therapie, Vorbeugung und Erziehung. Wenn sich Kinder positiv entwickeln sollen, gehört Liebe und Respekt gegenüber Tieren, Pflanzen und der Umwelt dazu. Gerade in der heutigen Zeit, in der Gewaltbereitschaft, Kriminalität und Terrorismus in beängstigendem Maße zunehmen, kommt der Natur und den Tieren eine besondere Bedeutung zu. Der Zusammenhang zwischen Tierquälerei und Gewaltbereitschaft gegenüber Menschen ist wissenschaftlich belegt. Ich freue mich, wenn ich mit diesem Bericht andere Kaninchenzucht-Vereine und Kindergärten motiviere, ähnliche Projekte aufzugreifen.

Mit fachlicher Beratung und unter langfristiger Begleitung eines Kaninchenzüchters sollte es doch vielen Kindern ermöglicht werden, die Nähe eines Haustieres mit allen Konsequenzen zu erleben. Haustiere sind ein Stück kindlicher Lebensqualität und dies kann ein Computer oder Fernseher nicht ersetzen.

Ilona Bien-Niemann – – –   vom F 121 Wolfenbüttel und Umgebung e.V.